Vor wenigen Jahren wurden mir zahlreiche Legenden zugetragen: Der SV Merseburg soll jahrezehntelang einen Sieg im Derby gegen den Naumburger SV herbeigesehnt haben. Diese Zeiten scheinen nun längst der Vergangenheit anzugehören. Die jüngste Epoche der schachlichen Dominanz begann an jenem sagenumwobenen & von den Merseburger Schachherolden verkündeten Punktspiel, als der SVM in Unterzahl mit 5,5:2,5 einen unerreichten Auswärtstriumph im Euroville erringen konnte. Die Jugend von heute nimmt sich schon jetzt ein Beispiel an den tapferen ReckInnen, die damals das ultimative Opfer (ihren Sonntagvor- & -nachmittag) für den Sieg gegen die ehemals verbittert gefürchteten Nachbarn gaben.
Die Entscheidungsträger wollten nach dem Debakel zum Saisonauftakt dieses Mal jedoch kein unnötiges Risiko eingehen & beorderten 8 Schachbefreundete zur zweiten Runde der Verbandsliga in die Höhle der Löwen. Denen war Dirks Präsenz offensichtlich zu viel: niemand nahm den Platz ihm gegenüber ein. So kam es, dass der Edeljoker stach ohne überhaupt die Gelegenheit zum Stiche bekommen zu haben. 1 Zug, 1 Punkt zum 1:0 aus SVM-Sicht
Sein Abkömmling höchster Güte (Simon) servierte am Spitzenbrett (endlich) eine präzise vorbereitete Variante, um eine potenzielle Naumburger Vorbereitung (neben dem bereitgestellten Energy) zu umgehen. Dies gelang gar vortrefflich: das entstehende Endspiel mit jeweils einem Turm & ungleichfarbigen Läufern bei symmetrischer Bauernstruktur wurde alsbald Remis gegeben (1,5:0,5).
Dustins Schwarzpartie entglitt nur kurzzeitig der Remisbreite. Glücklicherweise wurde diese Chance von Naumburger Seite nicht ergriffen, sodass auch hier eine weitere wichtige Punktteilung im unausgespielten Endspiel erzielt werden konnte (2:1).
Edeldame Tanja war gemäß eigener Aussage sehr zufrieden mit ihrer Stellung ausgangs der Eröffnung. Ihr erstes Angebot zu einem friedlichen Umtrunke wurde abgewiesen, jedoch besannen sich die Gastgeber ihrer guten Sitten & boten kurz darauf selbst den Frieden an (2,5:1,5). Die Strategie des MLs zur Neutralisierung des nominellen Naumburger Vorteils ging also auf (Chapeau!).
Jener hochwohlgeborene ML aus dem Hause Richter wurde standesgemäß kreativ & investierte mit Blick auf seinen Entwicklungsvorsprung frühzeitig einen Unteroffizier mittels Ta1:
(Dazu sind diese schließlich auch da!) Die Burgenländer waren sich ihrer Ehre vollends bewusst & gaben ihrerseits einen Unteroffizier zurück. Hierdurch war es ihnen möglich hinsichtlich der Figurenentwicklung auszugleichen & die bessere Zentrumskontrolle zu erhalten. Nach weiteren Belagerungsversuchen & mit zunehmend exponierten Monarchen kam folgerichtig ein Dauerschach auf das Brett (3:2).
Fräulein Valeriia nutzte die Grundreihenschwäche der weißen Steine:
…mit bxa4 gekonnt:, um diesem Leibeigenen habhaft zu werden. Leider war er allein im entstehenden Schwerfigurenendspiel nicht mehr genug, um den Sieg davon tragen zu können (3,5:2,5).
Ich selbst konnte den weißen Eröffnungsvorteil zügig neutralisieren & wurde unerwarteterweise in ein vorteilhaftes Doppelturmendspiel gezwungen. Dieses behandelte ich dank vorzüglicher Zeitverwaltung zuerst gut, anschließend jedoch ebenso schlecht, sodass ich zwischenzeitlich hätte Haus & Hof verlieren müssen. Jedoch geriet die Naumburger Seite in noch akutere Zeitnot & gab mir die Gelegenheit zu einem entscheidenden Bauerngewinn. Leider war ich in der dargestellten Position:
…zunächst nicht befähigt den einfacheren Gewinnweg (Ta2+ > Ta1 > a2) ausfindig zu machen & anschließend nicht gewillt das Risiko für den komplexeren Gewinnweg (a2 > Tb3+ > Kh5 > Kg4) auf mich zu nehmen. Die Partie wurde wenige Züge später nach mehrmaliger Stellungswiederholung (& Prüfung) folgerichtig Remis gegeben (4:3).
Unser Debütant Sasha fand in der dargestellten Position…
…mit Se4! einen nachhaltigen Bauerngewinn & entknotete sich anschließend Zug um Zug. Nach dem Gewinn eines zweiten Bauern war sein Vorteil einem jeden Schachfreunde offensichtlich, auch wenn dieser um bzw. kurz nach der Zeitnotphase bei genauem Spiel hätte bestraft werden können. Fortuna war an jenem Tage jedoch nicht auf der Naumburger Seite, sodass man sich in Merseburg noch lange an diesem geglückten Debüt erfreuen wird (5:3).
Wir verkünden hiermit feierlich (& mit reichlich Verspätung), dass der Merseburger SV dazu im Stand war, mit 5:3 den Sieg gegen den Naumburger SV davontragen zu können. Bei aller Euphorie sind wir uns wohl bewusst, dass diese Schlacht mit einer ausgeglichenen Anzahl an Naumburger Recken höchstwahrscheinlich wesentlich spannender zu erzählen gewesen wäre. Wir hoffen inständig, dass jene Überlegenheit zu gegebener Zeit auch im Merseburger Team Rapid zutage gebracht wird. Hier dominierten die Naumburger die ersten beiden Ausgaben, sodass wir an dieser Stelle nicht weiter auf diese Schmach einzugehen vermögen.