Zur 4. Runde der Verbandsliga empfing unsere Erste den Roten Turm Halle in der Mampfe… Von der Ansetzung her war es zwar ein Auswärtsspiel, aber die Schachfreunde konnten keine Lokalität bereitstellen, sodass wir kurzfristig die Mampfe in Beschlag nahmen. Dies ist zugleich ein sehr interessanter Zufall, da wir das Ganze erst im Januar quasi andersherum angegangen waren: Eigentlich hatten wir Heimspiel, mussten in Ermangelung eines Spiellokals aber nach Halle Trotha ausweichen, was für den Roten Turm de facto ein Heimspiel darstellte (hier geht’s zum Bericht).
Bei den bisherigen Vergleichen kamen wir trotz zweimaligem Thomas + Thomas an den Spitzenbrettern nicht über ein 4:4 (24/25) und ein äußerst schmeichelhaftes 4,5:3,5 (25/26) hinaus. Im dritten Anlauf sollte nun alles besser werden. Wir waren uns der Spielstärke der jungen Hallenser Mannschaft bewusst und durch die Ergebnisse der vorherigen Matches gewarnt.
Der Rote Turm kam mit der besten Aufstellung angereist, die sie hätten aufbringen können. Selbst wir hatten den Luxus uns zu entscheiden, wen wir an die Zweite abgeben können. Nominell gesehen waren die Teams nahezu gleich stark, sodass man einen spannenden Vergleich erwarten konnte.
An Brett 7 verließen Oleksandr & Markus schnell theoretische Pfade. In der Folge gab Weiß einen Bauern für Entwicklungsvorsprung. Diesen gab Schwarz früh zurück, ohne seinerseits etwas dafür zu erhalten. Somit verblieb Weiß mit einer Gewinnstellung und Spiel auf einem Tor. In Stellung 1 fand Oleksandr einen der beiden besten Züge (Auflösung am Ende des Berichts) und fuhr zeitnah den vollen Punkt ein (1:0).
Johannes war wieder von der Partie und bekam den sehr zügig spielenden Oleh vorgesetzt. Dessen ungenau ausgespielte Offensive in der Eröffnung wehrte Johannes unter Abtausch dreier Leichtfigurenpaare ab. Es entstand eine Stellung mit ungleichfarbigen Läufern & weißem Raumvorteil – dafür konnte Schwarz nun die eigenen Figuren ins Spiel bringen. In der Folge gab Oleh einen Bauern für noch mehr Spiel. Johannes erkannte den Haken an dem Opfer, nahm den Bauern einfach vom Brett, forcierte (in Ermangelung besserer Optionen für Oleh) einen Damentausch & bespielte das entstehende Endspiel nunmehr mit Vorteil. Hier gab er seinerseits einen Bauern für aktiveres Spiel zurück. Im weiteren Verlauf gewann er taktisch erneut einen Bauern und wickelte in ein gewonnenes Turmendspiel ab. Hier nutzte Oleh seine letzte Gelegenheit nicht, sodass er wenig später mit massig Restbedenkzeit aufgab (2:0). Nach Sichtung der Partie bin ich davon überzeugt, dass Weiß bei geschickterem Zeit-Management wesentlich besser hätte spielen & unbequemere Fragen hätte stellen können. Es obliegt nun aber jedem selbst, inwieweit das eigene Potenzial zum Wohle der Mannschafts ausgeschöpft werden soll.
Dustin musste früh einen Bauern abgeben, um schlimmeres zu vermeiden. In der Folge versuchte er Lenhard taktische Hürden in den Weg zu stellen. Diese erwiderte Letzterer jedoch mit nur noch weiteren Fallen. Nach und nach ging immer mehr Holz vom Brett, ohne dass Lenhard ernsthafte Probleme bei der Verwertung bekam (2:1).
Ich bekam einen weiteren Versuch gegen Stefan, nachdem wir in Trotha ein Kurzremis eingestreut hatten. Er wählte eine ambitionslose Variante mit minimalem Vorteil für Weiß. Ich fand zunächst günstige Positionen für meine Puppen & erarbeitete mir leichten Vorteil. Dann patzte ich jedoch die erstbeste Taktik & hatte die unbequeme Wahl zwischen:
- einem gegnerischen Turm auf meiner 7. Reihe + einem Minusbauern (mit solidem Vorteil für Weiß)
- immerhin einem Turm gegen 2 Leichtfiguren (mit ca. +3,6 für Weiß)
Leider wählte ich den falschen Weg und bekam meine Fehlentscheidung auch direkt zu spüren, da ich weder meine Felderschwächen decken & noch Spiel kreieren konnte. Das folgende Endspiel konnte ich nicht verteidigen & musste folgerichtig zügig unter (2:2).
Simon entschied sich in der Eröffnung für eine Variante mit solidem Vorteil für Weiß. In der Folge nutzte er den ersten Sackzug von Lars aus, um den Druck zu erhöhen & 2 Bauern zu gewinnen. Diese behielt er auch inklusive Gewinnstellung. Nach und nach manövrierte er die schwarzen Steine aus, fand in Stellung 2 den besten Zug & gewann die Revanche wenige Züge später (3:2).
Tom & Matti einigten sich auf heterogene Rochaden mit Angriffsmarken für beide Königsstellungen. Gefühlt war das Spiel für die weißen Steine deutlich einfacher – oder zumindest wurde es so vorgetragen. Jedenfalls konnte Tom die schwarze Verteidigung knacken, bevor die Gegenseite eine spürbare Initiative erlangen konnte. Matti reichte die Hand als selbst ein Figurenopfer nicht mehr half (4:2).
Auch bei Thomas kamen heterogene Rochaden auf das Brett. Hier war die Hallenser Königsstellung jedoch nicht geschwächt – die von Thomas allerdings schon. Nachdem alle Leichtfiguren das Brett verlassen hatten positionierte Yury seine Schwerfiguren sehenswert um und ließ Thomas keine Chance zur Reorganisation (4:3).
Der ML spielte mit Abstand am längsten – also mehrere Stunden länger als der Rest. Im Gegensatz zu den Spitzenbrettern benötigt ein ML keine heterogenen Rochaden für einen Königsangriff – er kreiert ihn nach eigenem Ermessen einfach selbst! Hierfür investierte er 1x Kavallerie, um die Stellung des schwarzen Monarchen nachhaltig zu schwächen & eine (objektive) Gewinnstellung zu erreichen. Anschließend sollte die entstehende komplexe Druckstellung (Beispiel: siehe Stellung 3) korrekt bespielt & die Partie gewonnen werden, bevor sich der materielle Nachteil auswirkt…
…Leider wollte Roman nicht so recht mitspielen. Anstatt den Youngster frühzeitig nach Hause zu schicken überspielte der Routinier sich selbst und gab jegliche Kompensation wieder ab. Mehr noch: Es gingen sehr viele Steine vom Brett. Nun wendete sich das Blatt: Das Talent knetete gar vortrefflich & wahrlich erbarmungslos, während der ML versuchte mit diversen Schachgeboten für Unbehagen zu sorgen. Parallel investierten Yury, Simon & ich den frühen Sonntagnachmittag in die Show. Einer gönnte sich den restlichen Kaffee, ein anderer ein Gerstengetränk (oder waren es doch zwei?) & parallel wurde bereits alles zusammengeräumt. Mit vorgeschrittener Zeit wurde folgendes Endspiel erreicht (Stellung 4):
Hier war das eigentliche Ziel des Merseburger Plans bereits erreicht: Schwarz wurde erfolgreich mit Dauerschachs belagert & zwischenzeitlich wurden fast alle Bauern eingesammelt (oder abgetauscht). Nun musste nur noch der letzte schwarze Bauer mittels cxb5 geschlagen & eventuelle letzte Mattversuche abgewehrt werden. Dem ML war dies natürlich bewusst, jedoch vertrat er in jenem entscheidenden Moment die Ansicht, dass anstatt des direkt möglichen Abtausches vorher doch besser 2 Schachgebote (Db6+ Ke8 Dg6+ Kf8) einzustreuen wären – damit man anschließend eine noch günstigere Stellung erhält. Leider konnte man den Bauern nach jenen Zwischenzügen wegen einer taktischen Begebenheit nun doch nicht mehr einsammeln (nach cxb5 gabelt Lf5+ König & Dame). Die Konsequenz dieser Aktion: Roman verleibte sich nach Kc3 Dc1+ Kb3 Dxc4+ alles a Tempo ein. Ich war mir gewiss: Sollten meine Haare grau werden bevor sie ausfallen, dann sicherlich Dank diesem Mann. Mit dem 100. Zug & dem fehlgeschlagenen letzten Trick hatte der ML dann doch genug gesehen (4:4).
Summa summarum waren wir gegen den Roten Turm trotz dreimaligem Thomas + Thomas erneut sportlich nicht befähigt mehr als ein 4:4 zu erspielen.
Dadurch stieg der Abstand auf den (derzeitigen) Ligaprimus Naumburg auf 2 Mannschaftspunkte + einige Brettpunkte an. Die Naumburger gewannen übrigens 6,5:1,5 gegen jene Köthener, gegen die wir in Runde 2 4:4 spielten.
In der nächsten Runde empfangen wir mit Aufbau Elbe Magdeburg III das wohl jüngste Team der Liga. Sie sollten keinesfalls unterschätzt werden, auch wenn sie derzeit die rote Laterne tragen…
Wir wünschen Euch eine besinnliche Weihnachtszeit & einen guten Rutsch in’s neue Jahr!
Lösungen:
- A) Sf5+ nebst Dxd8 oder B) Dg5+
- h6+! mit weißer Belagerung der H-Linie
- Lh3+ behält den gigantischen Vorteil
- u.a. cxb5 hält das Remis fest





